Hallo
Schön, dass Sie da sind. Meine Worte und ich freuen uns, von Ihnen gelesen zu werden. Ich bin Journalistin, Kommunikationsbeobachterin auf allen Ebenen und Literaturliebhaberin. Sie finden hier Workshopangebote und Texte, die inspirieren wollen. Aber auch kleine Sprachjuwelen, die mir begegnet sind, teile ich mit Ihnen. Lesen Sie einfach weiter…
Die Postkarte vom Mars
Liebe Ruth
ich bin jetzt schon eine Woche auf dem Mars. Ich muss sagen, es gefällt mir ausnehmend gut. Das Wetter ist angenehm. Aber am Morgen ist es, als würde von jetzt auf gleich jemand den Lichtschalter drücken - ich bin am ersten Tag wirklich erschrocken. Aber ich habe mich schnell daran gewöhnt. Das Essen ist gut. Viele Lebensmittel unterscheiden sich einzig im Namen. Nein, halt das ist nicht ganz richtig - auch die Farben sind anders. Unsere Karotten beispielsweise heissen hier Lera und sind blau-pink gestreift. Die Marsianer sind sehr freundlich. Das wir nicht dieselbe Sprache sprechen, macht nichts. Man wird, oder ich werde, aufmerksamer während einer Unterhaltung. Plötzlich will jeder Schritt, jede Handbewegung mit Bedacht getan sein. Apropo Schritte - es ist Zeit für meinen Spaziergang mit Kirama. Sie sieht aus wie eine Fünfjährige, ist aber, soweit ich das verstanden habe, ein paar 100 Jahre alt.
Ich melde mich wieder - bis dahin eine gute Zeit und liebe Grüsse Graziella
(PS: Der obere Postkartentext ist das Ergebnis einer Schreibübung, die ich auf Facebook platziert habe. Wer die Aufgabe gerne per Mail bekommen möchte, einfach melden)
Vorlesetag 2025
Als Autorin und Journalistin versuche ich die wichtigsten Daten im Jahr schreibenderweise zu würdigen. Heute ist Schweizer Vorlesetag. Ich sehe schon alle kinderlosen Erwachsenen das Gesicht verziehen. Dabei ist heute die Alternative zum Valentinstag. Sich vorzulesen braucht mehr Vertrauen als man ahnt. Die meisten Menschen haben nämlich in der Schule schlechte Erfahrungen mit dem Thema gemacht. Fremdbestimmte Texte mit Enthusiasmus zu Gehör zu bringen, scheitert spätestens bei der Herleitung vom Satz des Pythagoras. Aber als Paar bietet Vorlesen Potential, sich kennenzulernen. Kinderbücher, Comics, Literatur zur Paarberatung - einzige Regel: Abwechslungsweise vorlesen. Und wenn der Partner bei "Schlampenyoga" von Milena Moser einschläft, weiss man, das Prinzip der Entspannung hat er verstanden.
Essen - Eine Schreibübung
Als ich vier Jahre alt war, liebte ich Chäshörnli mit Apfelmus. Die Käsesorte war mir egal, sie hatte nur die Aufgabe, die Hörnli gut zusammenzukleben. Sie sollten Fäden ziehen, wenn ich in den Teller hineinlangte, um den Löffel zu füllen. Den Unterschied zwischen Apfelmus aus der Dose (süss, stücklos und mattgrünlich) zu selbstgemachtem Apfelmus (grüngolden und süsssäuerlich) lernte ich, als mein Götti mich einmal zu meinem Lieblingsessen einlud. Die Hörnli mussten weich sein, aber eine Form haben. Röstzwiebeln gab es bei uns zu Hause keine - meine Mutter hasste Zwiebeln und an dieser Tatsache war nicht zu rütteln. Bis ich später selber kochte. Erst als Erwachsene wurde mir klar, wie praktisch meine kindliche, kulinarische Vorliebe für meine Mutter gewesen war. Sie hat gleichzeitig unser gestresstes Budget entlastet und mein Gesicht strahlen lassen.